Schon länger war wieder eine Tour von Braunschweig nach Trento in Tirol geplant. Aber erst jetzt - am zweiten Novemberwochenende - passte alles: Das Flugzeug, die Crew und scheinbar auch das Wetter.
Der Flug wurde als Sichtflug geplant und durchgeführt. Es ging direkt von Braunschweig über SIGGI nach TOBAD, beides eigentlich IFR Wegpunkte, die man dennoch für die VFR Navigation nutzen konnte. TOBAD befindet sich gleich am Eingang des Inntals in die Alpen. Der Plan war, von dort aus dem Flussverlauf folgend nach Innsbruck zu fliegen und dort dann der Autobahn folgend den Brenner überqueren. Von dort aus ist es dann nicht mehr weit bis Bozen (Bolzano) und im weiteren Verlauf des Tales nach Süden liegt Trento.
Wie immer ist das Wetter von wesentlicher Bedeutung. Die einzige rote Stelle im GAFOR dieses Tages liegt genau auf unserer Route: Die Querung des Alpenhauptskamms:
Es verspricht zwar auch besser zu werden, jedoch schon zu spät für uns denn wir wollen ja noch im Hellen durch die Alpen. Die anderen Wetter-Quellen wie METAR/TAF und auch die Satellitenbilder sind da nicht so negativ. Sie sagen ein Fenster sogar bis zum Folgetag voraus, an dem es fliegbar sein sollte. Jedenfalls bis Innsbruck sollte es wohl gehen, wenn auch die Berge teilweise in Wolken sein würden. Mit großer Wahrscheinlichkeit blieben zumindest die Täler frei. Damit war klar, dass sich die ganze Geschichte am Brenner entscheiden würde.
Bei schönstem Sonnenschein verliessen wir sodann Braunschweig um im Steigflug den Harz zu überqueren. Südlich des Harzes hatte sich dicke Staubewölkung angesammelt, so dass wir noch schnell einen Blick zurück in´s nördliche Harzvorland werfen konnte, ehe es unter uns zuzog.
Diese Staubewölkung reichte bis weit hinter Erfurt. Dort waren wir bereits auf Flightlevel 95 gestiegen. In dieser Höhe wurde auch der Luftraum Nürnberg überflogen. Nach ein paar inaktiven Sperrgebieten konnten wir den Luftraum München queren, mussten jedoch etwas sinken um nicht mit dem Anflugverkehr auf den Müncher Flughafen in Konflikt zu geraten. Bei schönster Sicht kamen die "großen Brüder" dann in 1000 Fuss über uns vorbei - schon eine imposante Ansicht.
Längst hatten wir den Eingang zum Inntal auf dem GPS ausgemacht,
jetzt konnten wir auch schon erkennen, dass wir noch etwas sinken mussten, um unter den hohen Wolken im Tal zu bleiben und damit den Sichtkontakt zum Fluss nicht zu verlieren.
Im weiteren Verlauf des Fluges war gefühlt wir ein "unter die Decke kriechen", denn der Schirm über uns wurde immer dichter. Dazu wurde das Tal natürlich auch enger, jedoch immer noch komfortabel breit.
Schliesslich erreichten wir Innsbruck:
Dort wird in ein engeres Tal in Richtung Süden abgebogen:
Mit der Enge des Tals nahm auch der Wolkenanteil zu. Weiterhin kam die vorher noch hohe Basis des Schirm "herunter".
Nun gut, es ist noch genug Platz unter uns und das Tal ist breit genug, um umzukehren. Es wird daher weiter in Richtung Brenner geflogen, der dann schließlich auch ereicht wird - in ausreichend geringer Bewölkung:
Damit konnte die engste Stelle passiert werden. Hier war der Winter schon eingezogen.
Wenngleich es ein paar Minuten später schon wieder Sonnenschein auf die im herbstlichen Laub stehenden Bäume gab.
Kurz vor Bozen (Bolzano) gab es dann noch einen heftigen Schauer, der die Sicht nach vorne kurzzeitig deutliche verminderte. Wer genau hinsieht, kann aber am Horzont schon wieder Sonnenschein ausmachen.
Ein gutes Zeichen, denn wir wollten den Abend in Trento noch draußen verbringen können. Und tatsächlich: nur wenige Minuten später glänzten die Hänge von Bozen in der abendlichen Sonne.
Mit ein paar wenigen Funksprüchen konnte der Durchflug durch die Bozener Kontrollzone arrangiert werden. Nach deren Verlassen galt es nun, den Sinkflug auf Trento zu beginnen. Wie erwartet kam unser Zielflugplatz nach weiteren wenigen Minuten in Sicht.
Wir landeten und stellten das Flugzeug nach 3:11 h Flugzeit auf dem Standplatz vor dem Tower ab.
Nachtanken und Flugplanung für den Rückflug wurde auf den nächsten Tag verschoben. Jetzt war erst einmal "Dienstschluss". Mit dem Taxi ging es in die Stadt, Hotel ausgesucht und dann den historischen Stadtkern von Trento erkundet. Und tatsächlich: Es war noch warm genug um draussen bei einem Imbiss das Treiben der Menschen zu beobachten.
Am nächsten Morgen war noch vor dem Frühstück das Wetter der zentrale Dreh und und Angelpunkt. Schon beim Wachwerden ging der erste Blick an den Himmel. Wolkenschwaden klebten an den Berghängen und wollten wenig Mut machen. Dagegen zeigte GAFOR jetzt um den Alpenhauptkamm sogar blau an:
Weiter nördlich davon sah es für den Sichtflug nicht mehr so gut aus. Allerdings offenbarten die Satellitenaufnahmen, dass es sich um tiefe Wolken handelte. Das wurde durch die METARs und TAFs auch bestätigt. Auch bei OGIMET waren in größeren Höhen Wolken nur innerhalb der Alpen zu beobachten.
Jetzt galt es jedoch zunächst wieder, den Brenner zu überwinden. Wir machten uns auf zum Flugplatz. Nachdem Tanken und Flugplan erledigt waren, untersuchten wir das Wetter von Trento bis zum Brenner noch einmal ausführlich. Wie am Vortag gab es wieder einen Schirm mit darunter liegenden Wolkenschwaden. Allerdings war dieser Schirm löchrig geworden und man konnte ab und zu blauen Himmel sehen. Bozen meldete zu diesem Zeitpunkt SCT028 und SCT048. Das machte uns hoffnungsvoll. Die freundliche Towercrew rief in Bozen an und berichtete, dass nördlich von Bozen das Wetter schlechter sei als in Bozen. Allerdings war gerade eine Maschine in FL120 über Bozen IFR hinweg geflogen, die berichtete, dass eine solide Wolkenschicht die Sicht nach unten behinderte. Darüber war es frei.
Was immer das bedeutete, wir mussten es uns ansehen und dann entscheiden.
Also flogen wir los - zunächst nach Bozen - um dort zu entscheiden, welche Option durchgeführt werden kann:
1. wie am Vortag durch das Tal über den Brenner oder
2. on Top über die Wolken (und die Berge natürlich).
Bereits im Anflug auf Bozen konnte man erkennen, dass die Wolkenlücken größer geworden waren.
So haben wir uns für die Option 2 entschieden und sind auf FL120 geklettert - on TOP eben,
mit einer herrlichen Aussicht. Sehr bald wurde der (nicht sichtbare) Brenner überflogen. Der Blick in ein Seitental offenbart den dort schon eingezogenen Winter.
Noch ein kleines Stück und die Sicht war frei auf das prächtige Panorama der Nordalpen:
Nach kurzer Zeit war Innsbruck in FL120 erreicht. Die Wolken waren fast vollkommen verschwunden. Mit einer Rechtskurve ging es nun über das vollständig wolkenfreie Inntal:
Ausser uns war nur noch ein Segelflieger unterwegs. Wir wurden von Innsbruck Radar vor ihm gewarnt und hatten ihn - Aufwind suchend - am sonnenbeschienenen Südhang gefunden. Und er stieg und stieg. Wenig später meldet er: "D12345, request climb FL160" !!! was auch prompt von Innsbruck Radar genehmigt wurde. Hut ab!
Auf dem Weg zum Talausgang des Inntals konnten wir schon weit in das nördliche Alpenvorland sehen. Es war vollkommen mit niedrigem Nebel bedeckt.
Folglich blieben wir in FL120 und beantragten nach dem Frequenzwechel auf München Radar den Durchflug durch Luftraum C in dieser Höhe. Es dauerte ein wenig bis es koordiniert und sodann aber genehmigt wurde. Diesen Fluglevel hielten wir - bei kräftigem Rückenwind - bis Erfurt. Von dort aus ging es in einem flachen Sinkflug über den Brocken direkt auf den Pflichtmeldepunkt SIERRA Braunschweig zu. Der Rest war dann Routine: Einfädeln in den Platzverkehr und Landung nach nur 2:58h Flugzeit. Der kräftige Rückenwind in FL120 hatte das lange Steigen in Bozen mehr als ausgeglichen.